Ein schöner Morgen begann, die Vögel zwitscherten und durch das Fenster kamen Sonnenstrahlen hindurch, die Kletti an der Nasenspitze kitzelten. Langsam machte er die Augen auf und musste sofort an den gestrigen Tag denken. Er beschloss sofort ins Schlafzimmer seiner Eltern zu rennen und sich die Bücher geben zu lassen, welche sein Vater ihm gestern zum Lesen versprochen hatte. Kurze Zeit später hatte Kletti alle Bücher in sein Zimmer geschafft und fing sofort an darin zu lesen. Er vergaß total die Zeit um sich herum und hörte nicht einmal seine Mutter rufen, die ihn zum Mittagessen holen wollte. Als er dann aber irgendwann doch Hunger verspürte und er zum ersten Mal auf seine Uhr an der Wand schaute, war es bereits 18 Uhr. Schnell sauste er die Treppe hinunter in den großen Wohnraum, an dem schon die ganze Familie aß. Sein Vater konnte in seinem Gesicht erkennen, dass ihn die gesamte Familienchronik sehr berührt hatte. Und er fragte ihn, was er jetzt vorhabe, nachdem er die Geschichte der Familie kenne. Kletti antwortete sofort: „Ich möchte das Bonobo-Pärchen finden und, wenn dieses noch leben sollte, möchte ich es nach Dublin zur Familie der Gibaldi zurückbringen.“ Der junge von Dürren konnte an gar nichts anderes mehr denken als an die vermissten Affen. Außerdem war seine Familie schon lange nicht mehr in Dublin gewesen und schon das alleine war für ihn Grund genug dorthin zu reisen. Jedoch wollte er keineswegs mit leeren Händen dort aufschlagen.
Am nächsten Morgen nahm Kletti den Seesack seiner Familie und füllte ihn mit allerlei Dingen wie z.B. mit Seilen, Steigeisen, Früchten, Wasser, Honig, blauer Farbe, einem Kompass und einem Block, der in einer Lederhülle steckte, um die beobachteten Sachen gleich an Ort und Stelle festzuhalten. Nun lief er mit den ganzen Sachen in den Hardtwald hinein. Im Wald angekommen markierte er den ersten Baum mit einem großen blauen „D“, damit er später noch wusste, wo er seine Suche zuerst begonnen hatte. Ungefähr 1000 Fuß ging er in den dicht bewachsenen Wald hinein, bis er an einer großen Eiche halt machte. Auch diesen Baum markierte Kletti mit einem blauen „D“ und befestigte verschiedene Früchte an diesem Baum, um die Äffchen zu ködern. Keine 20 Fuß entfernt war eine sehr groß gewachsene Fichte mit sehr stark ausgebildeten Ästen. Hier beschloss er hinauf zu klettern und diesen Baum als Beobachtungsposten zu nutzen. In der Baumkrone machte er es sich gemütlich und zog nun den Seesack, den er zuvor an einem Seil befestigt hatte, hinaus. Hier oben fand er es herrlich, der frische Wind ,die gute Waldluft und die Geräusche der Waldbewohner. Nur der Specht, der vor einigen Minuten angefangen hatte sein Nest zu bauen, störte ihn ein wenig. Am späten Nachmittag stieg er wieder vom Baum herab, ging nach Hause und erzählte seinen Vater, was er heute gemacht hatte. Sein Vater war nicht ganz so begeistert von diesem Alleingang, aber solange er am Hofe seiner Arbeit nachging, gewährte er ihm diese Tätigkeit.
Viele Tage vergingen und Kletti hatte schon ein Dutzend kleiner Aussichtspunkte im Hardtwald bezogen. Als er an einem Sonntag-Vormittag unmittelbar nach der Kirche seinen ersten und liebsten Horst heraufgestiegen war, entdeckte er einen Eber. Er traute seinen Augen kaum, aber auf dem Rücken dieses Tieres war ein großes Büschel Haare, welches den Haaren eines Äffchen sehr ähnelte. Da Wildschweine sehr weite Wege zurücklegten, kam Kletti zu dem Entschluss, dass er die Suche ausweiten musste und nicht nur unmittelbar um Hochstetten suchen sollte. Ihm war jetzt klar: Wollte er seine Erfolgschancen erhöhen, würde er viele viele Orte weiter weg seinem Hobby nachgehen müssen. Seine Eltern waren von dieser Idee noch weniger begeistert als von der ersten, wollten ihrem Sohn aber abermals die Möglichkeit hierzu geben, solange er montags bis freitags seiner Arbeit am Hofe nachkommen würde. So sollte es geschehen ... und damit er den Gottesdienst wahrnehmen konnte, wollte er jedes Wochenende in einer anderen Gemeinde Ausschau halten und würde so dennoch den Gottesdienst besuchen können, was seiner Mutter besonders wichtig war. So war es ihm möglich seine Suche systematisch auszuweiten. Wieder einmal sollten einige Jahreszeiten vorüber gehen, bis er eines Tages eine interessante Geschichte am Hofe seiner Eltern hörte. Man erzählte sich, dass der württembergische Herzog Eberhardt Ludwig aus Ludwigsburg vor einiger Zeit 300 Glaubensflüchtlinge aus den französischen/savoyischen Alpen in sein Land aufgenommen habe und diese wohl als Gründungsväter der Gemeinde Grossvillars in Frage kamen. Besonders interessant an den Erzählungen fand er jedoch, dass durch Beziehungen nach England und in die Niederlande hinein einen Erbauung einer Kirche aus Stein ermöglicht wurde. Kletti war bereits in den Genuss gekommen und hatte schon einige Kirchen besuchen dürfen, aber eine Kirche, die durch verschiedene Einflüsse anderer Völker finanziert und erbaut wurde, hatte er bis dahin noch nicht besucht. Also beschloss Kletti immer am Freitag mit seinem Pferd los zu reiten und die Suche nach seinen Bonobos in Grossvillas auszuweiten. Seine Unterkunft bezog der junge von Dürren in dem Weingut „Kelterhof“, hier wies man ihm ein kleines Zimmer oberhalb der angeschlossen Wirtschaft zu. Die Familie Schäufele bewirtschaftete dieses Anwesen und hatten eine junge Tochter namens Michaela, die fast im gleichen Alter war wie der junge Kletti. Durch die regelmäßigen Besuche von Kletti im Weingut freundeten sich die beiden, Michaela und Kletti, an. Und von nun an begleitete Michaela den jungen von Dürren doch immer öfter auf seinen kleinen Expeditionen, um die Bonobos zu finden. Die Beiden hatten einige Wälder durchquert, eine Vielzahl von Bäumen markiert und man konnte sagen, dass sie seit einigen Wochen ein Paar geworden waren. Aber niemals zuvor war Michaela in Hochstetten und so beschlossen die Beiden im Jahr 1802 im Sommer die Reise nach Hochstetten anzutreten, um auch die Eltern von Kletti kennenzulernen. Ein kleines Sommerfest fand am Hofe seiner Eltern statt und so stiegen die beiden auf die Pferde und machten sich auf den Weg nach Hochsttetten. Als die beiden auf einem Hügel in Untergrombach standen, auf der auch eine kleine Kapelle erichtet war, stieg Kletti vom Pferd herab und zeigte Michaela wo Hochstetten lag, denn von hier oben hatte man bei gutem Wetter ein tolle Aussicht. Hier oben war immer ein schönes Lüftchen und die Vögel sangen vor sich hin – aber plötzlich wurde es still und man konnte hören, dass irgendetwas von Ast zu Ast sprang und das auch noch ziemlich schnell. Die beiden verhielten sich still und dann konnten sie es beide kaum fassen - ungefähr acht Bonobo Äffchen sprangen direkt vor ihren Augen von Baumkrone zu Baumkrone! Abermals markierten sie die Bäume, aber diesmal mit der Gewissheit, es gab sie also wirklich, die Äffchen. Für Kletti war es ein besonderes Gefühl, er konnte also eventuell die Affen zur Familie Gibaldi zurückbringen. Das junge Pärchen stieg auf ihre Pferde und galoppierte zum Hofe der von Dürren. Beide rannten ins elterliche Haus von Klettis Eltern, um die frohe Kunde zu überbringen. Und die von Dürren holten erst einmal etwas zu trinken für die Beiden und sprachen beruhigend langsam mit Ihnen, um die jungen Leute etwas zu erden. Beim späteren Abendessen erzählten die Beiden, was sie in Grossvillars so erlebt hatten und ganz besonders, was heute in Untergrombach passiert war. Eine angeregte Kommunikation herschte am Tisch und man versuchte zu ergründen, wie man denn die Äffchen fangen können. Aber etwas Hilfreiches war wohl nicht dabei und so gingen alle am späten Abend zu Bett. Am nächsten Morgen beschloss man große Fischernetze als Fangnetz für die Bonobos mitzunehmen, um damit die kleinen Ausreißer zu fangen. Desweiteren wollte man Holzkisten mitnehmen, um die Affen im Erfolgsfall transportieren zu können. Da es bei dieser kleinen Expedition nicht mit zwei Pferden getan war, beschloss man mit zwei Kutschen aufzubrechen. Auf dem kleinen Berg in Untergrombach angekommen schlugen sie ihre Zelte auf. Es gab jeweils ein Zelt für Michaela und Kletti sowie jeweils zwei einzelne Zelte für die beiden Begleiter, die sie mitgenommen hatten. Der Morgentau lag noch auf dem feuchten Waldboden, da legten die vier schon los und befestigten die Fangnetze in den Baumkronen. Jeweils unter den Netzen wurden Früchte ausgelegt, um die Äffchen zum Verweilen zu bewegen. Die vier waren gerade mit Ihrer Arbeit fertig und setzen sich zu ihren Zelten um etwas Wasser zu trinken, da sprangen schon 8 Bonobos durch die Bäume direkt unter Ihnen. Es war herrlich anzusehen und gleich sollten sie auch die Fangnetze erreichen, doch diese Tiere waren so schnell und geschickt, dass sie nur die Früchte mitnahmen, aber die Netzfalle nicht auslösten.
Kletti konnte es gar nicht fassen, es war eine Katastrophe! Jetzt hatten sie die Äffchen zwar schon zum zweiten Mal gesehen, aber konnten auch wirklich gar nichts tun, um diese festzuhalten. Auch abends am Lagerfeuer war den Vieren die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Da kam ihm eine Idee. „Es ist nicht wichtig, dass wir beim ersten Mal den ganzen Affen fangen müssen, es sollte ausreichen, wenn wir seine Pfote erreichen würden.“ Die anderen drei schauten ihn fragend an: „Was meinst Du genau damit?“. In den Büchern seiner Ahnen hatte er gelesen, dass Affen zwar sehr schlaue Tiere sind, aber auch unwahrscheinlich habgierig – sprich, wenn sie einmal etwas in der Hand hielten, ließen sie dies nicht mehr los. „Wir müssten nur eine Konstruktion haben, in die eine Hand hinein-passt, aber wenn man im Inneren eine Faust gebildet hatte, um zum Beispiel einen Apfel herauszuziehen, würde diese nicht mehr hindurchpassen. In den Korpus der Konstruktion müssen wir nur ein paar Löcher bohren, damit die Bonobos die Früchte riechen konnten und schon hätten wir den Affen und müssten ihm nur ein Seil um den Körper legen und wir hätten diesen gefangen.“ Gesagt, getan... alle machten sich am nächsten Tag an die Arbeit und bauten vier kleine Holzkisten und bestückten diese mit größeren Früchten wie Äpfel und Birnen. Man hatte vor - sollte der Clou aufgehen - zwei Alttiere und zwei Jungtiere mit nach Hochstetten zu nehmen. Man dachte sich, die anderen Tiere in den Rheinauen zu lassen, damit diese sich eventuell auch weiterhin fortpflanzen konnten. Die Sonne war schon fast untergegangen, da hörte man auf einmal wieder Affengeschrei aus dem Wald. Und einen kurzen Augenblick später sahen sie jetzt tatsächlich 9 Bonobos und diese kamen direkt auf ihre Holzkisten zu. Zwei der neun Äffchen setzten sich direkt vor die Holzkisten. Sie streckten ihre Pfoten durch die Öffnung und hielten die Früchte fest in der Hand und freuten sich so sehr, dass auch zwei weitere Bonobos zu den beiden anderen Kisten kamen. Jetzt war die Gelegenheit günstig und jeder nahm sich ein Halsband und warf es über den entsprechenden Affen. Sie hatten es geschafft, vier Bonobos waren in den Händen der Familie von Dürren! Die Freude war sehr groß und als sie sich wieder beruhigt hatten, beschlossen sie, nichts von den anderen 5 Äffchen im Ort zu erzählen, damit diese in Ruhe weiterleben konnten. Noch am Abend wurden alle Sachen auf die Kutschen gepackt und auch die Affen wurden artgerecht eingeladen und mit viel Bananen versorgt, so dass die ganze Truppe froh gelaunt nach Hochstetten aufbrach. Als man im Hof in Hochstetten ankam, waren die Glücksgefühle aller am Hofe riesengroß. Dennoch beschloss man, erst am nächsten Morgen beim Frühstück zu planen, wer wann nach Dublin aufbrechen wollte. Beim Frühstück sprach dann der Hausherr von Dürren vor allem zu Kletti und Michaela hörte zu: „Wir haben das Jahr 1802 und es stehen uns sehr unruhige Zeiten ins Haus. Viele Familien haben sich entschlossen den Ort zu verlassen - wie die Familie Meinzer, die die Bäckerei betrieben hat. Und auch der Schuhmacher Hofmann verlässt Hochstetten in Richtung Amsterdam. Aktuell liegt auch allen Bürgern ein lukratives Angebot vor, nach Polen oder in die Sowjetunion zu reisen und man lockt mit 30 Jahre Steuerbefreiung. So verändert sich die Einwohnerschaft durch Zuwanderer und Abwanderer nicht nur zahlenmäßig, sondern auch in ihrer genealogischen Zusammensetzung. Deshalb würde ich euch, Michaela und Kletti, folgenden Vorschlag machen. Nehmt am Wochenende das Schiff und brecht auf in Richtung Dublin und bringt den Gibaldi die verlorenen Bonobos zurück! Ich gebe euch so viele Goldstücke mit, dass ihr ohne Sorgen ein paar Jahre auf der Insel bleiben könnt, bis sich die Situation mit den Bürgern, die kommen und gehen, wieder beruhigt hat. Einen Boten werde ich heute noch losschicken, um die frohe Kunde der Familie Gibaldi zu überbringen.